Klassenjustiz!

platonDas Bundesgericht hat die Initiative «Steuerbonus für dich» der Partei der Arbeit Zürich (PdAZ) für ungültig erklärt und ist somit dem Kanton Zürich gehorsam gefolgt. Die bürgerliche Demokratie erweist sich wieder mal als das, wozu sie gedacht und aufrechterhalten wird: Als Schutzschild für die Superreichen und die Grosskonzerne. Und dies mit gütiger Mithilfe der SP.

«Den BürgerInnen im Kanton Zürich wird auf Grund dieses Entscheids verunmöglicht, über eine Umverteilung des Vermögens selbst zu bestimmen. Der Schutz des Eigentums geht der Selbstbestimmungs- und Entscheidungsfreiheit der BürgerInnen vor. Das Eigentum gilt weiterhin als absolutes Tabu.» So bringt Rechtsanwalt und PdA-Genosse Marcel Bosonnet den Entscheid des Bundesgerichts, die PdAZ-Initiative «Steuerbonus für dich» für ungültig zu erklären, politisch bestens auf den Punkt. Er fügt hinzu: «Die Initiative zielte auf den Kerngehalt des kapitalistischen Staates; die Verteilung des Eigentums. Dieser Bundesgerichtsentscheid ist ein weiterer Grund mit aller Entschlossenheit und Radikalität für eine Umverteilung des Eigentums zu kämpfen, wobei nicht vergessen werden darf, dass dabei Gesetzesinitiativen nur ein Weg von vielen sind.»

Die SP stimmt für die Superreichen

So steht am Anfang der Geschichte tatsächlich die schreiende kapitalistische Ungerechtigkeit: Im Kanton Zürich verfügen rund 12900 (1,5 Prozent!) der Steuerpflichtigen über ein Vermögen von mehr als 3 Millionen Franken. Ihr gemeinsamer Reichtum beläuft sich auf mehr als 123 Milliarden Franken (45 Prozent des gesamten versteuerten Vermögens im Kanton!). Etwa 2400 (5,2 Prozent) der Firmen im Kanton Zürich haben ein Eigenkapital von über 5 Millionen Franken und kommen gemeinsam auf ein Vermögen von 405 Milliarden Franken. Sie besitzen somit 96 Prozent (!) des gesamten Eigenkapitals. Nun kommt die Partei der Arbeit Zürich ins Spiel. Sie lanciert die Initiative «Steuerbonus für dich», die eine einmalige Besteuerung von mindestens 1 Prozent dieser Vermögen verlangt. Mit den Einnahmen von über 5 Milliarden soll für die unteren und mittleren Einkommen ein Steuerbonus in der Höhe von 5000 Franken pro erwachsene Person und 3000 Franken pro Kind bis zum 18. Altersjahr finanziert werden. Anrecht darauf sollen alle bis zu einem Einkommen von 100‘000 Franken (Ehepaare 160 000) haben. Eine alleinerziehende Mutter mit einem Einkommen von unter 100‘000 Franken hätte somit Anspruch auf eine Steuererleichterung (Steuerbonus) von 8000 Franken. Mehr als 7200 stimmberechtigte ZürcherInnen unterschreiben diese Forderung und die Initiative wird eingereicht.

Der dritte und politisch entscheidende Akt spielt sich Ende April 2013 im Zürcher Kantonsrat ab. Die Initiative wird für ungültig erklärt. Die Begründung: Es entstünden Brüche und Sprünge bei der Besteuerung, die nicht verfassungskonform seien. Ein Beispiel: Jemand mit einem Einkommen von 101‘000 Franken käme nicht in den Genuss des Steuerbonus und müsste dann «sprunghaft» mehr Steuern bezahlen als jene Person, die mit 99‘000 Franken Einkommen von der Initiative profitieren würde.

Selbstverständlich ist es im Kantonsrat ein politischer Entscheid. Dieser kommt nur dank den Stimmen der SP-Fraktion zusammen, denn es braucht im Kantonsrat eine Dreiviertelmehrheit, um eine Initiative für ungültig zu erklären. Hätte sich die SP einfach nur der Stimme enthalten, wäre die benötigte Mehrheit nicht zustande gekommen und es hätte eine Abstimmung zur Initiative gegeben. Vom vorwärts darauf angesprochen sagt Rita Maiorano, PdA-Mitglied und Präsidentin des Initiativkomitees: «Die SP hat im Sinne und im Interesse der Superreichen und der Grosskonzerne abgestimmt. Das sagt doch viel, sehr viel sogar!» Maiorano unterstreicht ihre harte Kritik in Richtung SP: «Wir haben unsere Initiative in Form einer ‹Allgemeinen Anregung› eingereicht. Dies lässt einen ziemlich grossen politischen und juristischen Spielraum offen. Aber auch diesen wollte die SP nicht ausnutzen.»

 Das Schweigen des Bundesgerichts

Und am Ende der Geschichte steht nun also das Urteil des Bundesgerichts, das die Argumente und Begründungen des Zürcher Kantonsrats übernimmt und die Initiative definitiv beerdigt. «Nach meiner Leseart hat das Bundesgericht (überraschenderweise) vermieden, sich zur Eigentumsgarantie zu äussern. Die zentrale Frage war, ob es möglich wäre, auf der Grundlage der als allgemeine Anregung eingereichten Initiative einen verfassungskonformen Gesetzestext zu erstellen», erklärt Marcel Bosonnet den juristischen Aspekt des Urteils. Das Bundesgericht verneint dies. Es räumt wohl ein, dass die Brüche und Sprünge «verringert und vermieden» werden könnten. Aber im Urteil steht dann: «Dabei wäre eine wesentliche Ergänzung bzw. Änderung des bestimmt formulierten Initiativtextes verbunden, mit der die Stimmberechtigten bei ihrem Entscheid vernünftigerweise nicht hätten rechnen müssen.» Bosonnet dazu: «Weshalb jedoch diese Ergänzungen bzw. Änderungen derart wesentlich wären, wird nicht klar dargelegt.» Das Bundesgericht setzt sich kaum mit den umfangreichen Argumenten in der Beschwerde auseinander. So wurde von der PdAZ aufgezeigt, dass durch die verschiedenen Steuertarife der Gemeinden happige «Sprünge und Brüche» bei den Steuern die Regel sind und zwar innerhalb weniger Kilometern im gleichen Kanton. Das Bundesgericht dazu in einem Satz: «Dies knüpft an den Wohnsitz der Person an, weshalb es mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar ist.» Warum es nicht vergleichbar sein soll, darüber schweigt das Gericht. Rita Maiorano fasst das Urteil des Bundesgerichts mit folgenden Worten zusammen: «Ja, ich bin enttäuscht, aber wenig überrascht. Es beweist einmal mehr, dass die bürgerliche Justiz eine Klassenjustiz ist!»