«Sie, die gegen diese Initiative sind, Sie sollten sich die folgende, einfache Frage stellen…»

denisAm 16.Dezember 2015 hat der Nationalrat über die Initiative «AHV plus. Für eine starke AHV» debattiert. Hier die Rede von Denis de la Reussille, Nationalrat der PdAS:

Seit über 60 Jahren wird die Schweizer Verfassung nicht respektiert. Dies wurde bereits von zahlreichen Mitgliedern dieses Rats gesagt. Aber erlauben Sie mir, es Ihnen zu wiederholen: Das ist nicht Nichts! Je nach Geschäft legen gewisse Fraktionen viel den grösseren Wert auf die Einhaltung unserer Verfassung.Jedenfalls hält diese fest, dass die Renten der Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidenversicherung «den Existenzbedarf in angemessener Weise decken müssen.»

Doch ohne die Zusatzleistungen, welche zunächst als kurzfristige, vorübergehende Massnahme eingeführt wurden, könnten in der Schweiz rund 200’000 Menschen kaum mehr oder weniger anständig leben. Diese Zahl steigt kontinuierlich, da jedes Jahr 5000 RentnerInnen mehr diese «4.Säule», also Zusatzleistungen, in Anspruch nehmen. Und dies ohne jene von Armut betroffenen alten Menschen, die keine Zusatzleistungen beziehen, da sie den Anspruch darauf nicht erheben. Dies oft, weil sie ihr Recht dazu gar nicht kennen.

Die AHV ist eine vorbildliche Sozialversicherung. Sie ist die 1.Säule der Altersvorsorge, gleichzeitig die kollektive, soziale und solidarische Säule und auch jene, die für eine Umverteilung sorgt. Die 2.Säule mit ihrem Kapitaldeckungsverfahren ist instabil und gefährdet durch die Risiken des Finanzmarktes. Dies haben wir im 2008 gesehen: Milliarden von Franken des riesigen, angehäuften Kapitals der 2.Säule wurden durch die Krise vernichtet. Ganz im Gegenteil zur 2. Säule basiert die AHV auf einem transparenten und einfachen System. Das erlaubte der AHV diverse Krisen zu überwinden, der stark gewachsenen Lebenserwartung stand zu halten und dies alles trotz den vielen, extrem pessimistischen Voraussagen, die jedoch nie eingetreten sind.

Die Initiative «AHV plus. Für eine starke AHV» wird von zahlreichen Vereinigungen und Organisationen unterstützt. Sie verlangt eine Erhöhung von 10 Prozent der AHV-Renten. Wir wären dann zwar immer noch weit vom Verfassungsauftrag entfernt, den Existenzbedarf angemessen zu decken. Doch für die RentnerInnen geht diese Initiative sicherlich in die richtige Richtung. Sie würde die Situation von zehntausende, ja gar hunderttausende Personen verbessern, die in diesem Land in prekären Verhältnissen leben und dies durch die Stärkung der stabilen, gesunden Säule des aktuellen Rentensystems. Die Kosten dieser Rentenerhöhung könnten durch eine ausgewogene und realistische Finanzierung gedeckt werden. Dies zum Beispiel mit Einkünfte aus Kapitalgewinnen, die im Moment noch nicht zur Finanzierung der AHV beigezogen werden.

Seit 1975 wurden die Renten nicht mehr angepasst. Nicht akzeptieren zu wollen, dass die Renten den Existenzbedarf decken, ist demütigend für all jene Menschen, die in bescheidenen Verhältnisse leben müssen. Diese Initiative verlangt nicht das Unmögliche, sondern nur, dass ein seit 1948 durch die Verfassung garantiertes Recht umgesetzt wird.

Es ist nicht akzeptabel, dass noch 2015, in einem der reichsten Länder der Welt, tausende von MitbürgerInnen weiterhin in prekären Verhältnissen leben müssen. Einige Städte wie Genf, La Chaux-de-Fonds oder Le Locle mussten lokale Zusatzleistungen einführen, um die Mängel der Sozialversicherungen auf Bundesebene abzufedern. Sie, die gegen diese Initiative sind, Sie sollten sich die folgende, einfache Frage stellen: «Wie lebt sich mit 1170 Franken Minimalrente oder 2340 Franken Maximalrente pro Person?»

Ich lade Sie ein, dem Volk und den Kantone die Annahme der Initiative «AHV plus. Für eine starke AHV» zu empfehlen und so auch die Einhaltung der Verfassung anzustreben.