Dramatische Situation in Cizre im Südosten der Türkei

cizreAufruf an Herrn BR Burkhalter, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA

Sehr geehrter Herr Bundesrat

Im Distrikt Cizre im Südosten der Türkei sind dutzende Menschen seit mehr als einer Woche in einem Keller, in dem sie verletzt Unterschlupf gefunden hatten, gefangen. Sieben Menschen erlagen bereits ihren Verletzungen, 15 weitere sind verletzt, einige von ihnen befinden sich in kritischem Zustand. 9 weitere im Keller eingeschlossene Personen blieben unverletzt. Unseren letzten Informationen zufolge befinden sich die eingeschlossenen Personen aufgrund ihrer zur Neige gehenden Wasservorräte in einem stark erschöpften Zustand.

Die türkischen Streitkräfte, die das Gebäude am 30. Januar bombardierten, verweigern der Ambulanz den Zutritt. Durch den Beschuss wurde eine Mauer des Gebäudes zerstört und der einzige Zugang zum Keller blockiert. Der Kontakt zu den eingeschlossenen Personen ist seit Samstag 30. Januar abgebrochen.

Obwohl den Sanitätswagen nie Zugang zu den Verletzten gewährt wurde, meldete die Regierung der Provinz, eine Ambulanz sei gesandt worden, doch die Verletzten hätten sich geweigert den Keller zu verlassen. Trotz den Verboten versuchte ein Versorgungsteam, bestehend aus 9 Ärztinnen und Ärzten, 4 Krankenpflegerinnen und – pflegern und einem Sanitäter zum Keller zu gelangen. Das Team wir momentan noch immer im benachbarten Distrikt festgehalten.

11 Frauen aus der Stadt Cizre, darunter mehrere Mütter der Opfer, begannen einen Marsch in Richtung des bombardierten Quartiers um den Eingeschlossenen zu helfen. Sie liefen unter einer weissen Fahne, als eine Spezialeinheit der Polizei in gepanzerten Fahrzeugen sie einkreiste und festnahm. Seither werden sie im Hauptquartier der Polizei von Cizre gefangen gehalten.

Am Montag 1. Februar zeigte sich der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte Zeid Ra’ad Al Hussein besorgt über die Situation in der Türkei und ermahnte die türkischen Behörden während ihrer Sicherheitsoperationen Zivilpersonen zu schützen.

In Anbetracht der Lage wenden wir uns an Sie, Herr Bundesrat, und

bitten Sie:

1) alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, damit die türkischen Behörden eine notärztliche Versorgung der eingeschlossenen Personen zulassen.

2) Ihr Möglichstes zu tun, damit dringende ärztliche Versorgung für alle Personen in den umkämpften Gebieten zu jeder Zeit gewährleistet wird.

3) darauf zu drängen, dass die türkischen Behörden nur in Falle der legitimen Verteidigung oder zum Schutz Dritter Waffen einsetzen; dass der Artilleriebeschuss in Cizre eingestellt wird; und dass eine unabhängige, unparteiische Untersuchung eingeleitet wird, die die Umständen der vielen Toten und Verletzten in den betroffenen Regionen aufklärt.

4) die internationale Staatengemeinschaft zum gemeinsamen

Handeln aufzufordern.

Erste Unterzeichner:

1) Sibel Arslan, Nationalrätin (Grüne)

2) Daniel Brélaz, Nationalrat (Grüne)

3) Marina Carobbio, Nationalrätin (SP)

4) Franco Cavalli, alt Nationalrat (SP)

5) Liliane Maury-Pasquier, Ständeratin (SP)

6) Jacques Neyrinck, alt Nationalrat (CVP)

7) Denis de la Reussille, Nationalrat (PdA)

8) Balthasar Glättli, Nationalrat (Grüne)

9) Lisa Mazzone, Nationalrätin (Grüne)

10) Luc Recordon, Stadtrat, alt Ständerat (Grüne)

11) Louis Schelbert, Nationalrat (Grüne)

12) Carlo Sommaruga, Nationalrat (SP)