Für eine echte Demokratie

Die bürgerliche Demokratie beschränkt sich auf das Mitspracherecht im staatlich-politischen Bereich, während die gesamte Wirtschaft davon ausgenommen ist. Im betrieblich-unternehmerischen Bereich fehlt es an jeglicher Demokratie. Dies auch in Bezug auf Entscheidungen, welche sehr direkte gesamtgesellschaftliche Auswirkungen haben, wie zum Beispiel die Verwendung umweltbelastender Technologien, Betriebsschliessungen oder Standortverlagerungen. Kurz: Wir alle behaupten, in einer Demokratie zu leben, akzeptieren aber, in einer Wirtschaftsdiktatur zu arbeiten.

Darüber hinaus werden viele Entscheidungen abseits der demokratischen Instanzen getroffen: Über die Verwendung des Bodens, der Energie und anderer knapper Güter bestehen kaum Mitbestimmungsmöglichkeiten. Konkretes Beispiel dieser Tatsachen sind die Verhandlungen über die Freihandelsverträge wie zum Beispiel das TISA, die für die Schweiz vom SECO geführt werden: Die Verhandlungen werden im Geheimen und somit undemokratisch geführt. Das Schweizer Parlament, geschweige denn die Öffentlichkeit, wurde erst auf öffentlichen Druck spät und unzulänglich über den Stand der Verhandlungen informiert. Die Länder in Lateinamerika, Afrika und Asien kennen seit Jahrzehnten die Auswirkungen dieser Freihandelsabkommen, die ihre Wirtschaft zerstören und zu wachsender Armut geführt haben.

Oft nur formeller Natur

Aber auch im staatlich-politischen Bereich ist die Demokratie nur sehr unvollständig entwickelt. Eine demokratische Mitbestimmung und Kontrolle zum Beispiel über die Polizei, die Armee oder die Aussenpolitik besteht nicht. Zudem sind grosse Menschengruppen vom demokratischen Prozess ausgeschlossen: AusländerInnen wird das Stimm- und Wahlrecht weitgehend verweigert.

Trotz ihrer unbestreitbaren Verdienste bleibt die halbdirekte Demokratie in der Schweiz in der Praxis begrenzt und ist in einigen Fällen oft gar nur formaler Natur, weil sie einer Reihe von Verzerrungen und Ungleichheiten zugunsten der herrschenden Bourgeoisie unterliegt. Ein Beispiel: Initiativen und Referenden sind Instrumente der politischen Mitbestimmung, die allen SchweizerInnen zur Verfügung stehen, sie sind jedoch mit hohen finanziellen Kosten verbunden. In der bürgerlichen Demokratie steht die Instrumentalisierung der Staatsorganisation durch die Wirtschaft im Vordergrund. Dadurch ist die demokratische Entscheidungsfindung in der Praxis voreingenommen.

Verzerrte Informationen

Voraussetzung für einen wirklich demokratischen Prozess wäre schliesslich eine umfassende Information, bei der alle Teile der Bevölkerung in den Medien eine gleichberechtigte Stimme haben. Das ist heute bei weitem nicht der Fall. Im gesamten Mediensektor nimmt die Konzentration zu, was einem Pluralismus zuwiderläuft, der jedoch in einer Demokratie unerlässlich ist. Weiter führt diese Konzentration zur Hegemonie der oft verzerrten Informationen und festigt das neoliberale Credo.

Das Schweizer Fernsehen, das nach wie vor ein wesentlicher öffentlicher Dienst ist, steht nur sehr bedingt im Einklang mit dem, was ein demokratisches Fernsehen und Radio sein sollten. Abgesehen von einigen ehrenwerten Ausnahmen ist es genauso von neoliberaler Ideologie durchdrungen wie die privaten Medien. Unabhängige Medien erhalten praktisch keine öffentliche Unterstützung und halten deshalb der Konkurrenz nicht stand. Dieser Zustand trägt wesentlich zur ideologischen Dominanz der Bourgeoisie bei, was die demokratische Debatte stark beeinflusst und verzerrt.

Ein trügerischer Schein

Wir stellen fest:

  • Die Demokratie verstanden als Volksherrschaft ist in der Schweiz nur ein kleiner Teil der Realität, ein dürftiges Gegengewicht zur faktischen Dominanz der Finanzmärkte, des Kapitals. Die Instrumente der demokratischen Partizipation wie Wahlen, Referenden und Initiativen sind in der Tat stark eingeschränkt durch das krasse Missverhältnis der vorhandenen Mittel zwischen den Kräften der Arbeiterklasse und denen der Bourgeoisie.
  • Die demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten wie Wahlen, Referenden und Initiativen schliessen einen wesentlichen Teil der Bevölkerung aus: alle diejenigen ohne Schweizer Pass und Jugendliche unter 18 Jahren.
  • Die Mitbestimmung in entscheidenden Angelegenheiten des täglichen Lebens der Menschen ist völlig unzureichend: Am Arbeitsplatz, bei den Mieten, in der Schule, bei der Verkehrsgestaltung, in den Quartieren, in den Medien und vielen weiteren Bereichen.

Für eine aktive Teilnahme in allen Lebensbereichen
Demokratie darf nicht beschränkt werden auf die gelegentliche Abwicklung bestimmter formeller Abstimmungs- und Wahlvorgänge, deren Ergebnisse dann teilweise ungenügend umgesetzt werden, wie ein Blick auf die Alpen-Initiative zeigt. Unser Verständnis von Demokratie geht weit über den sinnlosen Formalismus hinaus: Es geht um die Ausdehnung der Demokratie auf alle Lebensbereiche, im Sinne einer aktiven und verantwortlichen Teilnahme aller an der Gesellschaft. Die Forderung nach einer partizipativen Demokratie ist für die Partei der Arbeit nichts Neues. Ganz im Gegenteil: Es ist eine historische, immer noch aktuelle Forderung der ArbeiterInnenbewegung in der Schweiz und weltweit.

Es braucht einen radikalen Wechsel
Wir leben in einer Diktatur der Banken und Konzerne. Die meisten Menschen haben nichts zu sagen. Radikale Veränderungen sind zwingend notwendig. Alle Lebensbereiche, auch die Wirtschaft, müssen demokratisch bestimmt werden.

Wir fordern:

  • Den sofortigen Abbruch aller Verhandlungen über die Freihandelsabkommen wie zum Beispiel TISA. Neue Verhandlungen müssen zuerst vom Parlament bewilligt werden
  • Die Abschaffung aller Wahlhürden wie etwa Sperrklauseln
  • Stimmrecht sowie das aktive und passive Wahlrecht für alle in der Schweiz lebenden Menschen ab dem 18. Lebensjahr
  • Die Rechenschaftspflicht und die Abwahlmöglichkeit der gewählten Exekutivmitglieder
  • Die Abschaffung der lebenslangen Renten für Gewählte auf allen politischen Ebenen
  • Transparenz und die Festlegung eines Maximalbetrags für Wahlkampagnen
  • Die Einführung der Mitbestimmung in den Betrieben
  • SchülerInnenvertretungen
  • Eine paritätisch besetzte Interessensvertretung in den Hochschulen
  • Die Wahrung und Garantie der demokratischen Grundrechte, einschliesslich des Demonstrationsrechts
  • Das Verbot jeglicher Massenüberwachung

Und wir werden nicht ruhen …
bis die Demokratie überall regiert und nicht mehr nur ein Anschein ist, der es den Herrschenden erlaubt, ihre Privilegien zu behalten.