Nein zum 24-Stunden-Arbeitstag

Nein zum 24-Stunden-Arbeitstag

Nachdem in den letzten Jahren auf lokaler und kantonaler Ebene versucht worden war, die Ladenöffnungszeiten zu liberalisieren – was fast überall am Widerstand der Stimmbevölkerung gescheitert ist –, versuchten es nun die Detailhändler auf dem parlamentarischen Weg auf nationaler Ebene. Was bedeutet es, wenn die Änderungen im Arbeitsgesetz angenommen werden?

Nachtarbeit wird zur normalen Arbeitszeit

Bisher war Nachtarbeit eine Ausnahme und benötigte eine entsprechende Bewilligung. Dies wird nicht mehr der Fall sein. Vorerst betrifft dies zwar „nur“ Tankstellenshops, aber natürlich
wird der Druck auf den restlichen Dienstleistungssektor damit massiv erhöht. Normale Arbeitszeit bedeutet auch, dass keine Zulagen mehr bezahlt werden müssen. und dies gerade in
einem Sektor, in welchem die Löhne schon heute viel zu tief sind. In einem Sektor, in welchem hauptsächlich Frauen arbeiten, viele alleinerziehende Mütter, die dann in der Nacht ihre Kinder
alleine zu Hause lassen müssen. Oder welche Kita hat über Nacht geöffnet?

Sicherheit und Gesundheit der Angestellten interessiert die Grossverteiler nicht

Dieses Gesetz zwingt schlussendlich viele Angestellte, in der Nacht zu arbeiten, was das soziale Leben massiv erschwert und sich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Und das Ganze ist
dann noch ziemlich mies entlöhnt. Ausserdem sind Tankstellen schon heute beliebte Ziele von Überfällen, was eine hohe Belastung für die Angestellten darstellt, was sicher nicht besser wird mit durchgehenden Öffnungszeiten.

Mit welchen Argumenten will man uns die „Liberalisierung“ verkaufen?

Das Argument, dass viele ÄrztInnen, Pflegefachleute, PolizistInnenen, das Barpersonal, Feuerwehrsleute etc. ja schon heute auch nachts arbeiten müssen, ist lächerlich. Denn gerade
diese Leute wissen aus eigener Erfahrung, wie belastend Nachtarbeit ist und so hat sich das Feuerwehrpersonal in Basel bei der letzten Abstimmung klar gegen eine Liberalisierung der
Ladenöffnungszeiten gestellt. Denn im Unterschied zu den oben genannten Dienstleistungen, die auch nachts notwendig sind, ist das nächtliche Shoppen überhaupt keine Notwendigkeit. Schon heute kann fast überall von morgens um 08:00 Uhr bis abends um 19:00 Uhr eingekauft werden. Zusätzlich haben Tankstellen- und Bahnhofshops auch am Sonntag und nach 19:00 Uhr geöffnet. Heute äussern sich 90% der Bevölkerung zufrieden mit den aktuellen Ladenöffnungszeiten

Gemäss den Befürwortern der Liberalisierung sollten die KonsumentInnen entscheiden, ob die Shops auch um 03:00 Uhr noch geöffnet sind oder nicht. Denn wenn niemand zu dieser Uhrzeit
einkaufen würde, würden die Läden automatisch ihre Öffnungszeiten reduzieren und dem Umsatz anpassen. So nach dem Prinzip: Der Markt regelt es schon. Natürlich ist auch dies Unsinn.
Bisherige Erfahrungen zeigen, dass sich die KonsumentInnen den Öffnungszeiten anpassen: je länger die Öffnungszeiten, desto mehr wird auch noch später eingekauft. Es gibt einen Gewöhnungseffekt.
Zudem werden die Betriebe nicht einfach die Öffnungszeiten einschränken können, denn es gibt einen grossen Verdrängungskampf bei den Tankstellenshops, und da will
sich keiner einen Nachteil schaffen, indem er seinen Laden weniger lange geöffnet hat als der Nachbar. Um trotzdem rentabel zu bleiben, wird aber der Druck auf die Löhne steigen.

Dass die Befürworter die Bevölkerung für blöd verkaufen wollen, zeigt sich am deutlichsten beim Argument, dass die neuen Ladenöffnungszeiten neue attraktive Jobs für Studierende
schaffen würden. Offenbar mussten die Leute von Economiesuisse und dem Arbeitgeberverband während ihres Studiums nie arbeiten, sonst wüssten sie, dass attraktive Jobs für Studierende
nicht in der Nacht ausgeübt werden (man stelle sich vor, auch Studierende benötigen Schlaf), sondern in den Semesterferien.

Ihr Hauptgewicht legt die Kampagne der Befürworter aber auf das Argument, es gehe nur darum, die Einschränkungen im Sortiment der Tankstellenshops aufzulockern, womit suggeriert
wird, dass gar nicht mehr Leute arbeiten müssten, sondern einzig die Konsumenten profitieren würden. Doch dies widerlegen die Befürworter gleich selber mit dem obenstehenden Argument,
dass neue Stellen für Studierende geschaffen würden. Es liegt ja auf der Hand, dass ein grösseres Sortiment erstens mehr Angestellte benötigt und zweitens den Druck auf andere Detailhändler
erhöht, ebenfalls den Laden länger geöffnet zu halten.

Dammbruch zu noch weiteren Liberalisierungen der Arbeitszeiten

Obwohl von den bürgerlichen Initianten dieses Gesetzes immer wieder betont wird, dass die Gesetzesänderung keinen Zusammenhang habe mit anderen Vorstössen zur Liberalisierung
der Öffnungszeiten, sind es doch die genau gleichen Herren und Damen, welche immer wieder Vorstösse in diese Richtung unternehmen und am liebsten totalliberalisierte Öffnungszeiten
hätten. Mit dieser Gesetzesänderung schlagen sie eine Bresche ins Arbeitsgesetz – und dies in einem entscheidenden Punkt, dem Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot. Das betrifft alle Beschäftigten.
Schlussendlich wird von uns verlangt, zu jeder Tages- und Nachtzeit zu arbeiten und dem Arbeitgeber jederzeit zur Verfügung zu stehen. Die gemeinsame Zeit mit Freunden und Familie wird eingeschränkt und uns fehlt die Zeit zur Erholung. Auch hat dies Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung. Das Engagement in Vereinen und Parteien wird schwieriger bis unmöglich. Die Gesellschaft zerfällt noch mehr.
Darum muss zum Schutz von uns allen auf jegliche Liberalisierungen der Ladenöffnungszeiten verzichtet werden!

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