Ausschreitungen in Frankreich: Die PdAS solidarisiert sich mit dem berechtigten Zorn der Jugend in den Arbeiter:innenvierteln und verurteilt die Polizeigewalt

Ausschreitungen in Frankreich: Die PdAS solidarisiert sich mit dem berechtigten Zorn der Jugend in den Arbeiter:innenvierteln und verurteilt die Polizeigewalt

Die Ermordung des 17-Jährigen Nahel durch einen Polizisten in Nanterre, brachte die Wut der Jugend und den Angehörigen Nahels zum Überlaufen. Nahel wurde am 27. Juni 2023 ermordet, nur weil er sich einer Verkehrskontroller widersetze. Der Polizist, der den tödlichen Schuss abfeuerte wurde verhaftet und wegen vorsätzlicher Tötung angeklagt. Dies war möglich, weil ein Video in den sozialen Medien kursierte, das die berechtigte öffentliche Empörung hervorrief und somit auch als Beweismittel diente. Anfangs konstruierte die Polizei eine falsche Version der Fakten. Ohne den Druck der öffentlichen Meinung und den Ausbruch der Unruhen hätte die Generalinspektion der Nationalpolizei (die ermittelnde interne Einheit, die trotz klarer Faktenlage Kolleg:innen systematisch freispricht,) den Fall unter den Teppich gekehrt.

Die französische Regierung reagierte mit einer brutalen Repression: kolossales Polizeiaufgebot, Einsatz von Panzern und einer irrsinnigen Menge an Repressionsmitteln, Schüsse mit LBD 40 aus nächster Nähe, schockierende Festnahmemethoden, die weitere Todesopfer fordern könnten, Ausgangssperren und die Einstellung der öffentlichen Verkehrsmittel um 21 Uhr usw. Dies alles in der totalen Weigerung, eine politische und soziale Lösung zu finden. Emmanuel Macron wagte es sogar, die Verantwortung der Eltern, der sozialen Netzwerke und der Videospiele zu beschuldigen, als ob die Jugend in den Arbeiter:innenvierteln keine wirklichen Gründe für ihre Revolte hätte. Unterdessen veröffentlichten zwei Polizeigewerkschaften, Alliance Police Nationale und UNSA-Police, eine offen faschistische Pressemitteilung, in der sie sich einer rechtsradikalen Sprache bedienten. Dabei bezeichneten sie die revoltierende Jugend als «Schädlinge» und sprachen der Regierung eine kaum verhüllte Drohung mit einem rechtsextremen Staatsstreich aus.

Die Partei der Arbeit Schweiz drückt ihre volle Solidarität mit der Wut der Jugend der Arbeiter:innenviertel in Frankreich aus, denn sie ist völlig berechtig. Zu viele Jahre lang, wurden junge Menschen in den Vororten von der Polizei wie ein innerer Feind behandelt. Dies unter anderem durch wiederholte Identitätskontrollen nach dem einzigen Kriterium des Racial Profiling und mit unsäglicher Brutalität behandelt. Seit zu vielen Jahren verschlechtern sich die Lebensbedingungen der Bevölkerung. Die Jugendarbeitslosigkeit ist gestiegen, die Einkommen reichen nicht mehr zum Leben und die öffentlichen Dienstleistungen sind in einem traurigen Zustand. Das Leben wird perspektivlos – in  Arbeiter:innenvierteln mehr als anderswo. Die Fünfte Republik nimmt zunehmend eine autoritäre Wendung ein Die Polizei wird ermutigt, immer repressiver und willkürlicher zu handeln. Im Jahr 2017 verabschiedete die Nationalversammlung unter der Präsidentschaft des «Sozialisten» François Hollande ein Gesetz, das es der Polizei erlaubte, auf der Grundlage willkürlicher Kriterien von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, und führte damit faktisch eine Lizenz zum Töten ein. Die Fünfte Republik kann kaum noch als Rechtsstaat bezeichnet werden, auch nicht als echte Demokratie. Unter diesen Umständen ist der Aufstand zur Sprache derer geworden, die sich sonst nicht Gehör verschaffen können.

Sogar das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat sich nach dem Mord an Nahel besorgt über unverhältnismässige Polizeigewalt und systemischen Rassismus in der französischen Polizei geäussert. Die französische Regierung lehnte diese Äusserung ab.

Die Verurteilung des Polizisten, der für Nahels Tod verantwortlich war, würde jedoch nicht bedeuten, dass der Gerechtigkeit Genüge getan ist. In der Praxis käme dies einem Durchbrennen einer Sicherung gleich, um an der Polizeipraxis inhaltlich nichts zu ändern. Ein Minimum wäre, die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen, die für die Polizei geltende Lizenz zum Töten abzuschaffen, die Generalinspektion der Nationalpolizei durch ein unabhängiges Gremium zu ersetzen und die Straflosigkeit der Polizei zu beenden. Alle neoliberalen Gegenreformen müssen rückgängig gemacht werden, um die Lebensbedingungen aller zu verbessern.

Reformen allein werden jedoch nicht ausreichen. Sie könnten vielleicht den eklatantesten und unerträglichsten Missbräuchen ein Ende bereiten. Doch die bürgerliche Polizei und Justiz würden nicht aufhören, das zu sein, was sie im Wesentlichen sind: Der bewaffnete Arm des bürgerlichen Staates, dessen Daseinsberechtigung darin besteht, die bestehende Ordnung im Interesse der herrschenden Klasse zu erhalten. Und dies mit legalen oder auch weniger legalen Mitteln, wenn es die Verteidigung der herrschenden Ordnung erfordert. Somit wären selbst nach Reformen Polizei und Justiz weiterhin kein Garant für die Rechte aller und auch nicht für die Einhaltung der Gesetze.

Es wird sich um einen Unterdrückungsapparat handeln, der diejenigen unterdrückt, die gegen diese ungerechte Ordnung kämpfen. Dieser Apparat wird so lange bestehen bleiben, bis diese Ordnung selbst abgeschafft und durch eine andere ersetzt wird, die der grossen Mehrheit dient.

Unruhen ohne ein strategisches Ziel oder einer Organisation werden nicht ausreichen, um echte Veränderungen herbeizuführen. Sie werden nicht in der Lage sein, das bestehende Regime zu stürzen oder zum Rückzug zwingen, um mehr als nur symbolische Zugeständnisse zu machen. Nur eine grundsätzliche Veränderung der bestehenden sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse, kann wirklich auf die Missstände der Arbeiter:innenviertel reagieren, die jetzt revoltieren. Dies erfordert eine revolutionäre Organisation, deren Ziel eine Veränderung der Gesellschaft ist, und eine Strategie, um dies zu erreichen. Somit wünschen wir besonders unserer Schwesterpartei, der Kommunistischen Partei Frankreich und ihrer Jugendorganisation MJCF, viel Kraft angesichts dieser historischen Ereignisse.

Partei der Arbeit der Schweiz

Juli 2023

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