Der «Partito Operaio e Popolare» (POP) ist die neue Tessiner Sektion der PdAS

Rund 40 GenossInnen haben Ende Januar  in Bellinzona die neue kommunistische Partei  mit dem Namen  «Partito Operaio  e Popolare» gegründet. Sie will die Thematik rund um die Arbeitswelt ins Zentrum ihrer  Politik  stellen und hat die Teilnahme an den kantonalen Wahlen  vom April beschlossen. Der Start der neuen Tessiner Sektion  der Partei  der Arbeit  der Schweiz  (PdAS) war sehr positiv und erfreulich.

Am Kongress der PdAS vom Dezember 2014 trennten sich definitiv die Wege mit dem «Partito Comunista della  Svizzera  Italiana» (PC),  bis  dahin die Tessiner Kantonalsektion der  Partei. Wer nun dachte, die PdAS würde für längere Zeit von der  politischen Bildfläche in der Sonnenstube der Schweiz verschwinden, täuschte  sich.  Am  25.  Januar  2015 fand  in  der  Casa  del  Popolo (Volkshaus)  in  Bellinzona die Gründungsversammlung des «Partito Operaio  e Popolare» (POP Ticino)  statt. Eine  Neugründung, die  ein  breites Interesse der  lokalen Medien weckte; neben  zwei   regionalen  Zeitungen  waren auch das Tessiner Radio und Fernsehen anwesend.

Im täglichen Kampf präsent  sein

Treibende Kräfte dieser neuen politischen Partei  sind   Leonardo Schmid und  Gianluca Bianchi, beide Funktionäre der  Gewerkschaft Unia  und seit Jahren  bekannte  Aktivisten auf  der  Tessiner Politbühne. Genosse Schmid wurde im August  2014 mit lächerlichen Vorwürfen aus dem PC ausgeschlossen, während Bianchi bereits vor  einigen Jahren  ausgetreten war.  Schmid stellte gleich  zu Beginn der Versammlung klar,  dass   «der  POP  Ticino   eine   solide und aktive  Kantonalsektion  der  PdAS werden will und auch sein  wird».  Eine  Tatsache, die  auch im Artikel  2  der   Statuten  entsprechend  festgehalten wird.  Genosse Bianchi begann seine kurze,  jedoch sehr  überzeugende Ansprache mit der provokativen Frage:  «Hat  es  im  Tessin  noch Platz  für  eine  neue, kommunistische Partei?»  Er  antwortete nicht nur mit  einem Ja oder  Nein:  «Uns beunruhigt nicht der Stimmenverlust der Linken  an den Wahlen, sondern die Niederlagen bei Themen wie etwa dem Mindest- lohn, der  Einheitskrankenkasse oder   der  Revision der Arbeitslosenversicherung vor einigen Jahren.» Genosse Bianchi weiter:  «Wenn  es die Linke nicht schafft, eine  Beziehung zu den  unteren und schwächeren sozialen Schichten herzustellen und aufzubauen, wird sie weiterhin an Boden verlieren.» Bianchi  zeigte  auf,  dass  in den  letzten Jahren im Tessin die  verschiedenen  Kämpfe der  ArbeiterInnen von den  linken Parteien nicht unterstützt wurden: «Das höchste der  Gefühle war jeweils  eine  Medienmitteilung,  in  der  die  Solidarität ausgesprochen  wurde. Aber  genau in  diesen täglichen Kämpfen muss die Linke  vor  Ort  präsent sein,  wenn sie  das  Vertrau- en  der  Bevölkerung wieder für  sich  gewinnen will. Hier wird der POP ansetzen, und zwar mit Taten und nicht nur  mit schönen Worten.» In der  folgenden Diskussion sagte  ein junger Genosse, der sein tägliches Brot als Strassenbauer verdient: «Glaubt  mir,  meine lieben GenossInnen, da draussen gibt es Tausende von ArbeiterInnen, die sich  wünschen, dass  die  vielen  Probleme und Ungerechtigkeiten in der  Arbeitswelt endlich ernsthaft und in unserem Sinne, ich  meine von  uns  ArbeiterInnen, von einer politischen Partei aufgegriffen werden.»

Grundsatzdokument einstimmig angenommen

«Das  ist  genau die  Herausforderung,  der  wir uns  stellen müssen, und einer der  Hauptgründe für unser Bestehen», nahm Leonardo Schmid den  Steilpass  des  jungen Arbeiters an  und eröffnete die  Debatte über das  politische Grundsatzdokument des POP,  indem unter anderem die  Positionierung der Partei  in  der   kantonalen  Politlandschaft deutlich wird. Im Dokument wird eine  Analyse und eine  harte Kritik an  den  aktuellen, linken Kräften im Tessin geäussert, die «unfähig sind,  die Oppositionsrolle einzunehmen gegen  die  bürgerlich dominierte Regierung». Auf der  einen Seite  sei die  SP seit  Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, der  «Bremsklotz» bei  Forderungen der Proletarisierten und im ständigen Versuch, die  «Quadratur des  Kreises  zu  finden, indem sie  die  Interessen der  ArbeiterInnen mit  jenen der Bürgerlichen verbinden  will».  Ein  fundamentaler Unterschied zur SP besteht in der Einschätzung und Haltung zur  EU: «Die SP unterstützt den  Integrationsprozess in  die  EU und beerdigt somit die  Hoffnung eines Wandels in  der  Schweiz  zugunsten der Proletarisierten.» Für  den   POP  ist  es  ein  weiterer Beweis dafür, dass  die SP «den Kapitalismus nicht überwinden will, denn mit  den  Regelungen und Vorschriften der EU lässt sich keine  sozialistische Gesellschaft aufbauen».

Links der  SP würden die kleineren Parteien oft eine  «extremistische Haltung gegenüber der  Gewerkschaftsbewegung» und  eine    «sektiererische» gegenüber sozialen Bewegungen an  den  Tag legen. Dies  sei  oft  durch  «persönliche Animositäten» bedingt, die  dazu führen, dass  die  radikale Linke  keinen  konkreten Einfluss   nehmen kann und daher auch nicht als  ernsthafte  Alternative wahrgenom- men wird. «Auch wenn gewisse  Positionen zur aktuellen,  internationalen Politik  durchaus teilbar sind, fehlt  eine  nationale und regionale Analyse  der  Dinge. Diese  ist jedoch eine  zwingende Voraussetzung, um  auf  kantonaler Ebene Fuss  fassen zu  können», hält  das  Grundsatzdokument der  neuen Tessiner PdAS-Sektion fest, das von den  GenossInnen ein- stimmig angenommen wurde.

Auf zum Kampf, compagni!

Im zweiten Teil der  Gründungsversammlung stand die  Frage  der  Beteiligung an  den  kantonalen Wahlen vom  April auf  dem Programm. Nach  einer spannenden, teilweise kontrovers geführten Diskussion,  wurde die  Teilnahme mit  einer eigenen Liste beschlossen. Für  die  neu  gegründete Partei ist dies eine  gute  Möglichkeit, sich einer breiten Öffentlichkeit  zu  präsentieren. Dies  sicher auch in  Hinblick auf die Nationalratswahlen im Herbst, bei denen die PdAS mit  ihrem Wahlprogramm in möglichst vielen Kantonen antreten wird.

Zum  Schluss wurden die Parteiinstanzen gewählt.   Als  Sekretär  stellte  sich   Leonardo  Schmid zur  Verfügung. Mit  ihm  gehören Sonia  Crivelli  und Gianluca Bianchi der  Parteileitung an,  während 13 GenossInnen den  kantonalen Vorstand  bilden. Auf zum  Kampf,  compagni, der  Start  war  mehr als  nur ermutigend!