Vollgeldinitiative: Ein kritisches Ja

Das Haifischbecken der Finanzwirtschaft regulieren, dem Hai Spielregeln aufzwingen. Dies in etwa das Vorhaben der Vollgeldinitiative. Sie hält fest, dass «das Gesetz den Finanzmarkt im Gesamtinteresse des Landes» regeln muss, insbesondere: Die Treuhandpflichten der Finanzdienstleister, die Aufsicht über die Geschäftsbedingungen der Finanzdienstleister, die Bewilligung und die Beaufsichtigung von Finanzprodukten, die Anforderungen an die Eigenmittel sowie die Begrenzung des Eigenhandels. Alleine der Bund «schafft Münzen, Banknoten und Buchgeld als gesetzliche Zahlungsmittel». Diese Forderung, die so im Initiativtext zu lesen ist, formuliert das Kernanliegen der Vollgeldreform. Die Banken dürfen dann nur noch Geld verleihen, das sie dafür zur Verfügung gestellt bekommen haben, sei es von Sparern, Unternehmen, Versicherungen, anderen Banken oder der Schweizer Nationalbank (SNB). «Damit werden die Banken allen anderen Unternehmen und Privatpersonen gleichgestellt, welche für die Ausgabe von Darlehen das Geld auch zuerst selber haben müssen», informiert die Website der BefürworterInnen.

Keine Verstaatlichung, leider
So nobel das Vorhaben auch sein mag, so kurz greift es: Die Folgen der kapitalistischen Wirtschaft werden auf des Schöpfen des Geldes reduziert. Kein Wort über die Schaffung des Mehrwerts oder die Ausbeutung von Mensch und Natur im Profitinteresse von Wenigen und auf Kosten von Vielen. Die Banken sind für die InitiantInnen das Grundübel und sind entsprechend in die Schranken zu weisen.
Sicher, die Banken sind blutgeile Haifische im Finanzbecken, aber sie sind nicht die einzigen! Das Grundübel ist nach wie vor das kapitalistische, ausbeuterische Wirtschaftssystem selber. Die InitiantInnen wollen das Grundübel «sozial» gestalten. Sie werden in ihrer Abstimmungskampagne nicht müde zu betonen, dass sie sich für eine «faire Marktwirtschaft» einsetzen. Wie naiv zu meinen, dem Hai könne man Schranken setzen, wenn er Blut riecht. Die BefürworterInnen unterstreichen auch gerne, dass ihre Initiative alles andere als einer «Verstaatlichung» gleichkommt. Was also zwingend notwendig ist, um das Grundübel zu bekämpfen, sprich die Verstaatlichung der Banken, lehnen die MacherInnen der Initiative kategorisch ab. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Sie wollen sich nicht in eine «linke Ecke» stellen lassen, um ihre bereits geringen Siegeschancen nicht noch weiter zu verkleinern.

Das System funktioniert?
Die Vollgeldinitiative ist ein kleinbürgerliches Anliegen, das an den reellen Machtstrukturen nichts verändert, nicht mal daran rütteln will. Dies ist der Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) bewusst. Trotzdem hat die Partei ein kritisches Ja zur Initiative beschlossen. Warum? Die Gründe finden sich schon fast paradoxerweise bei den Argumenten der GegnerInnen der Initiative. Besonders die SNB hat sich mächtig ins Zeug gelegt und eine umfassende Dokumentation erarbeitet, in dem sie das aktuelle Geld- und Finanzsystem in der Schweiz hochjubelt: «Das gegenwärtige Geldsystem funktioniert gut. In der Schweiz besteht kein grundlegendes Problem, das gelöst werden muss. Das Finanzsystem hat sich bewährt. Die Finanzkrise wurde bewältigt.» Dass die PdAS dies komplett anders sieht, muss kaum unterstrichen werden und kann mit zwei simplen Fragen auf den Punkt gebracht werden: Für wen funktioniert das Geldsystem gut? Für wen hat sich das gegenwärtige Finanzsystem bewährt? Oder ganz einfach: Wer profitiert davon? Politik ist eben auch immer eine Klassenfrage und somit Klassenkampf, was den GegnerInnen der Initiative völlig bewusst ist, während die BefürworterInnen diese Tatsache komplett ausblenden.

Kleine Einschränkung
Die SNB hält weiter fest: «Die ‹schuldfreie› Ausgabe von Zentralbankgeld, welche die Initiative vorsieht, würde die Nationalbank politischen Begehrlichkeiten aussetzen. Der Ruf nach Finanzierung von Projekten und Staatsausgaben über die SNB würde unweigerlich stärker. Die unabhängige Geldpolitik und damit die Erfüllung des Mandats wären gefährdet.» Die SNB sagt somit: Die Initiative schränkt den Spielraum der Banken doch etwas ein und ermöglicht einen politischen Einfluss auf die Nationalbank. Dieser politische Einfluss ist zwar sehr gering, doch für die SNB bereits zu gross. Sie wehrt sich stellvertretend für alle Schweizer Banken gegen jegliche demokratische Einmischung in ihre Geschäfte, ganz nach dem Motto: Die Politik kann tun, was sie will, sie darf dabei einfach unsere Kreise nicht stören. Die Initiative stört diese Kreise. Das kritische Ja der PdAS ist als Zeichen zu verstehen, dass diese Kreise gestört werden müssen, dass dies aber bei Weitem nicht genügt: Sie müssen bekämpft werden mit dem Ziel, sie unter die demokratische Kontrolle der Bevölkerung zu bringen.

Siro Torresan
Mitglied der Parteileitung der PdAS