Die Anwendung der Durchsetzungsinitiative

DurchsetzungsinitiativeWas geschieht konkret, falls am 28. Februar die Stimmberechtigten die fremdenfeindliche SVP-Initiative annehmen? Hier zwei Beispiele:

Beispiel 1
Pavel ist euphorisch. Soeben hat er seine Lehrabschlussprüfung zum Schreiner, für die er viel gelernt hat, mit einer guten Note bestanden. Sein Vater Andrej, der in den achtziger Jahren aus Polen ins Berner Oberland auswanderte, nahm ihn im Türrahmen stolz in die Arme, nun will Pavel mit seinen Lehrkollegen feiern gehen. Sie treffen sich in der Garage seines Kumpels Andreas, den er seit dem Kindergarten kennt. Als kurz vor Mitternacht kein Bier mehr da ist, gehen sie alle zur Tankstelle. Sie knacken die Tür zum Shop und stehlen einen Karton Vodka, um weiterfeiern zu können. Natürlich kommt ihnen die Polizei auf die Schliche. Pavel und seine vier Kollegen werden bereits am nächsten Tag verhaftet und anschliessend zu einer Geldstrafe verurteilt. Für die Kollegen von Pavel ist die Sache damit erledigt, nicht aber für ihn: Weil er keinen Schweizer Pass besitzt, verliert er als Folge der Verurteilung wegen eines Einbruchdelikts automatisch sein Aufenthaltsrecht. Er muss seine Familie, seine Arbeit, seine Freunde, letztlich seine Heimat, verlassen. Polen kennt Pavel nur aus den Ferien, er kann gerade mal «Wie gehts» und «Auf Wiedersehen» auf Polnisch sagen. Auch dass er von seinem Arbeitgeber als exzellenter Schreiner geschätzt wird und im Dorf gut integriert ist, spielt keine Rolle, ebenso wenig die fehlende Rückfallgefahr. Die Richterin hat keinen Ermessensspielraum, Pavel wird automatisch ausgeschafft.

Beispiel 2
Cathy liest eine E-Mail ihres Sohnes Noah. Dieser befindet sich am anderen Ende der Welt, in Neuseeland, und schreibt ihr nun, dass er sie vermisse. Cathy stritt lange mit ihrem Mann Craig, ob sie ihrem zwanzigjährigem Sohn und seiner Freundin Verena tatsächlich eine Weltreise spendieren sollten. Schliesslich setzte sie sich durch. Geld spielte keine Rolle, beide arbeiten in guten Kaderpositionen und Noah war immer fleissig und engagiert, eine Auszeit vom Jurastudium würde ihm gut tun. Cathy schreibt Noah zurück, dass sie sich auf seine Rückkehr freue und bereits ein grosses Fest mit all seinen Freunden und Freundinnen geplant habe. Einen Monat später schreibt Cathy ihrem Sohn, dass die geplante Party leider nicht stattfinden wird. Stattdessen müssten sie und sein Vater die Schweiz verlassen. Noah solle sich genau überlegen, ob er bleiben oder mit ihnen zurück nach Britannien wolle. «Statt eines Willkommensfest werden wir nach vierzehn Jahren einfach aus dem Land geworfen. Ich bin fassungslos», schreibt Cathy. Sie hatten es unterlassen, Noahs Ausbildungsunterbruch zu melden und weiterhin Kinderzulagen bezogen, obwohl sie darauf kein Anrecht hatten. Damit haben sie missbräuchlich Sozialleistungen bezogen und werde automatisch ausgeschafft. Es gebe «absolutely no way», die Ausschaffung zu verhindern, sagt ihr Anwalt.

Quelle: www.entrechtung.ch